Drei Fragen und drei Antwortversuche

Warum seid ihr umgezogen, lautet die Frage der letzten Tage? Die Antwort ist kompliziert und ein Konglomerat des Prozesses im letzten Jahr. Es geht uns von Beginn an um einen neuen Wagenplatz in Hamburg. In den letzten Woche ging es viel um die Frage: Welche Perspektive hätte ein solcher nach einer gewaltsamen Räumung in Mitte? Wir woll(t)en bis zum Schluss nicht glauben, dass ein Markus Schreiber mit seiner Recht- und Gesetz-Rhetorik und seiner generellen Hetze gegen Wagenleben die regierungspolitische Rückendeckung in Hamburg bekommt, die er nun erhalten hat. Es ist für uns auch jetzt noch absurd, dass die einzige Reaktion auf einen juristisch genehmigungsfähigen Wagenplatz auf einer Fläche gegen die „fachbehördlich“ nix spricht
(BSU Januar 2011, Oktober 2011) im Bezirk Mitte eine Räumung sein soll. Klarzustellen, dass dies nicht der adäquate Weg für eine rhetorisch so „offene“, „alternative“, „tolerante“, „nachhaltige“ und „sozialdemokratische“ „Metropole“ ist, wäre ein leichtes gewesen. Bis zum Schluss hat der Senat öffentlich
geschwiegen um dann zum finalen Showdown im Altonaer Rathaus hinter geschlossenen Türen eine Erklärung verlesen zu lassen : „Die Freie und Hansestadt Hamburg“ machte eine Ansage „von ganz oben“: „Sofort“ bis
„unverzüglich“ habe Zomia sich auch dem Holstenkamp einzufinden (dort und nirgendwo anders in der Stadt). Andersfalls würde die „Freie und Hansestadt Hamburg“ sich mittels jeglicher öffentlicher Stelle, Fläche, Amt oder Verwaltung auch nur einem Gespräch mit Zomia verweigern. „Jedes weitere Gespräch wird nur geführt, wenn sie vom Holstenkamp anreisen“. Und Schreiber würde seine heiß ersehnte und notwendige innenbehördliche Genehmigung und seine Wagenplatzräumung endlich bekommen – die er in Wilhelmsburg auch schon beim örtlichen Bauhof terminiert hatte. Zuvor hatte es immer neue Räumungsultimaten in immer kürzeren Abständen gegeben, medial verwurstet in zunehmend martialischer Sprache, nicht nur vom Bezirk Mitte, sondern passend abgestimmt auch vom Bezirk Altona. „Denken Sie nicht, dass Sie einen Keil in die Hamburger SPD treiben können“ hieß es, wenn nicht gerade betont wurde, dass selbstverständlich kein Zusammenhang oder gar gewisse wechselseitige Beziehungen zwischen den Hauptsache SPD-regierten Bezirke und dem SPD-Senat bestehen. Warum Altona Ultimaten ausgesprochen hat, warum ein Umzug plötzlich so schnell gehen musste, warum der Holstenkamp? Da muss mensch wohl die SPD fragen.

Was ist das da mit dem Holstenkamp, ist eine weitere Frage. Die Fläche ist für einen Wagenplatz ungeeignet. Nicht nur, dass dort bereits Mitte Dezember Bauarbeiten beginnen, ein Abriss Anfang Januar und
Neubauten für sozialen Wohnungsbau direkt danach: Zomia ist mit ihrem neuen Standort genau vor dem Haupteingang des Pflegezentrums Lutherpark gelandet, zwischen Laternen und Parkbänkchen auf der
Spazierwiese. Bis 15. Januar soll aber eine längerfristige Lösung in Altona, evtl. auch in anderen Bezirken gefunden sein.
Und: Glaubt ihr wirklich daran? Einerseits: Nachdem machtvollen Prozess, der uns an den Holstenkamp gebracht hat, nach Hamburger Machtspielchen deluxe sind wir skeptisch. Auch als Zomia zur ersten Ortsbegehung auf der neuen Fläche eintraf, offenbarte sich die Vorgehensweise Hamburger Politik: Das direkt anliegende Pflegeheim wusste nichts von seinem Glück, Flächenverwalter_innen waren zum Termin nicht eingeladen und die Stadt hatte in Zusagen über Häuser verfügt, die ihr nicht gehören, sondern zum Beispiel dem Projekt „Hütten und Paläste“.
Anderseits: Es gibt die öffentliche Zusage, einen längerfristigen Platz zu finden, dafür wurde ein Prozess mit einem wöchentlichen Treffen am Freitag in Altona initialisiert. Darüber hinaus gibt es aber auch einzelne Personen in Politik und Verwaltung unabhängig ihrer Parteizugehörigkeit, die aktuell verschiedene Flächenoptionen suchen und prüfen. Wie wohlwollend diese Optionen und Luftblasen von Entscheider_innen behandelt werden, wird sich erst am Ergebnis beurteilen lassen. Und unabhängig davon: beeinflusst öffentliche Meinung und Solidarität die Chancen für einen sechsten Wagenplatz.

Über Vorschläge/Ideen für Flächen, Plätze oder Hinterhöfe in Altona aber auch in anderen Bezirken (nicht Mitte…) sind wir dankbar.

Ist das Glas leer und alles vorbei oder ist das Glas halbvoll, weil es einen sechsten Wagenplatz in Hamburg gibt? Diese Frage denken wir nun mit einem „sowohl als auch, wir werden es noch sehen“ beantwortet zu
haben.

Update: viele weitere Fragen, und viele weitere Antwortversuche hat Utopie TV am vergangenen Wochenende in einem sehr ausführlichen Videobeitrag zusammen gestellt:

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